Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
 

2.  Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln

     Todesorte 1 (in Hameln, in Holzen und auf Todesmärschen)

2.3.2   Todesmärsche
 
 Von Holzen nach Bützow-Dreibergen in Mecklenburg

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Bichler, Leo

Luxemburger, wurde am 10. April 1917 in Berdorf geboren. Der Landwirt wohnte in Tetingen, Große Str. 83.
Leo Bichler wurde am 8. Mai 1942 als Widerstandskämpfer vom deutschen Sondergericht in Luxemburg zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt.
Wie viele ausländische „Politische“ kam Leo Bichler im Zuge der Räumung frontnaher Strafanstalten im Westen mit einem vielköpfigen Sammeltransport aus dem Zuchthaus Rheinbach bei Bonn am 16. September 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Leo Bichler wurde in das Zuchthaus-Außenlager Holzen zum „verschärften“ Arbeitseinsatz gebracht. Die erlittenen Strapazen dürften Bichler nachhaltig geschwächt haben.
Leo Bichler starb nach dem Todesmarsch vom Zuchthaus-Außenlager Holzen zum Zuchthaus Bützow-Dreibergen am 13. Mai 1945 in Bützow im „Lazarett Mittelschule“.

Boelhouwers, Arie

Niederländer, wurde am 15. Juni 1915 in Rotterdam geboren. Er war Buchdrucker und wohnte in Rotterdam, Wilem Buytenweghstraat 200b. Zuletzt lebte er in Oberhausen, Nohlstrasse 157, und war bei der Reichspost im Arbeitseinsatz.
Seit 1943 aufgrund einer Verurteilung nach „Kriegssonderstrafrecht“ in Haft, kam Boelhouwers im Zuge der Räumung frontnaher Strafanstalten im Westen mit einem vielköpfigen Sammeltransport aus dem Zuchthaus Remscheid-Lüttringhausen am 2. November 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Es ist unklar, ob Boelhouwers – möglicherweise vorübergehend – in das Zuchthaus-Außenlager Holzen zum mörderischen Arbeitseinsatz gebracht wurde.
Arie Boelhouwers ist seit Kriegsende verschollen. Dies spricht für seine Teilnahme an einem der Todesmärsche; auf dem Marsch vom Außenlager Holzen zum Zuchthaus Dreibergen bei Bützow südöstlich von Rostock sollen viele Gefangene umgekommen sein, andere sind seitdem verschollen. Dass Boelhouwers auf dem Todesmarsch von Hameln nach Holzen umkam ohne eine Spur zu hinterlassen, ist zwar wenig wahrscheinlich, aber nicht gänzlich auszuschließen.

Brugman, Arend

Niederländer, wurde am 28. Juli 1898 in Kampen geboren. Der gelernte Zigarrenmacher wohnte in Amsterdam, Nieuwevoorburgsteeg 13,
In Schwarzmarktgeschäfte verwickelt wurde Arend Brugman am 18. August 1943 von einem Gericht der deutschen Besatzungsmacht in Den Haag zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und zur Strafverbüßung über die Gefängnisse in Utrecht und Kleve in das Zuchthaus Rheinbach gebracht.
Arend Brugman kam im Zuge der Räumung frontnaher Strafanstalten im Westen mit einem vielköpfigen Sammeltransport aus dem Zuchthaus Rheinbach bei Bonn am 16. September 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Drei Tage später, am 19. September, wurde Brugman in das Zuchthaus-Außenlager Holzen zum mörderischen Arbeitseinsatz verlegt. Die erlittenen Strapazen ließen ihn erkranken und dürften ihn nachhaltig geschwächt haben. Brugman ist offenbar nicht nach Hameln zurückverlegt worden.
Arend Brugman ist seit Kriegsende verschollen und wurde von den niederländischen Behörden für tot erklärt. Da die Belegschaft des Außenlagers Holzen am 5. April 1945 auf den Todesmarsch zum Zuchthaus Dreibergen bei Bützow südöstlich von Rostock gezwungen wurde, dürfte Arend Brugman zu den unbekannten Toten dieses Marsches gehören.

de Pauw, Ortar Leo

Belgier, wurde am 14. September 1901 in Gent geboren. Der Postbeamte und Lebensmittelkontrolleur wohnte in Messines, Korte mooie 1.
Wohl seit 1942 als Widerstandskämpfer in Haft, verurteilte ihn im Januar 1943 ein Kriegsgericht in Brügge zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe.
Wie viele ausländische „Politische“ kam de Pauw im Zuge der Räumung frontnaher Strafanstalten im Westen mit einem vielköpfigen Sammeltransport aus dem Zuchthaus Rheinbach bei Bonn am 16. September 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Bald nach seiner Ankunft wurde de Pauw in das Zuchthaus-Außenlager Holzen zum mörderischen Arbeitseinsatz gebracht. Die erlittenen Strapazen ließen ihn erkranken und dürften ihn nachhaltig geschwächt haben.
De Pauw kam auf dem Todesmarsch vom Zuchthaus-Außenlager Holzen zum Zuchthaus Bützow-Dreibergen am 14. April 1945 in Bad Liebenwerda ums Leben.
Aus einem Brief seines Leidensgenossen Dr. Etienne Grandrie an die Ehefrau de Pauws:
„Am nächsten Tag, den 14. April, sind wir am frühen Nachmittag in Liebenwerda angekommen. Nachdem wir zwei Stunden im Stehen in voller Sonne gewartet hatten, hörten wir, dass sich der Direktor des Gefängnisses geweigert hat, uns hinein zu lassen. Wir wurden dann auf den großen Rasen vor dem Kurhaus platziert. Abends, als die Nacht kam, etwa um 6 Uhr, bekamen wir den Befehl uns anzustellen, um 3 bis 6 Kartoffeln pro Person zu bekommen. Seit dem Donnerstagmorgen hatten wir nichts gegessen, und dies, nachdem wir 60 Stunden und 56 Km marschiert waren. Ich wartete in der Reihe, wenn die Kameraden mich riefen. Der Hauptwachmann wollte meine Meinung über den Gesundheitszustand Ihres Ehemannes hören. Ortar lag mitten auf dem Rasen; er antwortete schwach. Vollkommen geschwächt lag er im Gras, ohne die Kraft, um aufzustehen und seine magere Ration zu holen. Ich habe daraufhin erklärt, dass er sehr krank sei und seine sofortige Aufnahme im Krankenhaus angefragt. Wir haben gesehen, wie er mit fünf oder sechs Kameraden, die auch völlig erschöpft waren, auf einer kleinen Karre abgefahren wurde. Es ist mir nicht möglich, die genaue Uhrzeit seines Sterbens zu sagen. Ortar ist am 15. April 1945, am Sonntagmorgen, in Liebenwerda gestorben.“

Didier, Paul Fernand

Belgier, wurde am 18. Juni 1919 in Ruette geboren. Der Landarbeiter wohnte in Saint Remy.
Am 15. Juni 1944 verurteilte ein Kriegsgericht Didier als Widerstandskämpfer zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe.
Wie viele ausländische „Politische“ kam Didier im Zuge der Räumung frontnaher Strafanstalten im Westen mit einem vielköpfigen Sammeltransport aus dem Zuchthaus Rheinbach bei Bonn am 16. September 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Bald nach seiner Ankunft wurde Didier in das Zuchthaus-Außenlager Holzen zum mörderischen Arbeitseinsatz gebracht. Die erlittenen Strapazen ließen ihn erkranken und dürften ihn nachhaltig geschwächt haben.
Paul Didier starb nach dem Todesmarsch vom Zuchthaus-Außenlager Holzen zum Zuchthaus Bützow-Dreibergen am 22. Juni 1945 in Bützow im 'Lazarett Mittelschule“.